Das Wohnexperiment

Das letzte Mal. Gestern war es das letzte Mal, dass wir unsere Mietkatze mit ein bisschen Überzeugungskraft und viel Trickserei in ihren Katzenkorb lockten und zum Impfen zum Tierarzt brachten. Und es war das erste Mal, dass wir „das letzte Mal“ dachten. Die Zeit im Haus, dass seit 2,5 Jahren unser Zuhause ist, geht zu Ende. Und damit auch unser Wohnexperiment. Aber kommen wir erst Mal zum Anfang.

Als das zweite Kind auch immer größer wurde, war klar, zu viert wird es eng in der alten Wohnung. Hinzu kam eine von fünf Parteien des Hauses, die die Kinder einfach zu laut fand, die auf Kindergetobe am Wochenende vor 10 Uhr morgens mit anonymen Briefen reagierte. Da sich das auch auf unsere Stimmung auswirkte, wir nicht ständig nur „Psst“ sagen wollten, war klar: Wir brauchen langfristig eine andere Bleibe.

Die Wohnungssuche gestaltete sich … sagen wir beschwerlich. Wir wollten gerne in unserem Stadtteil bleiben, hatten uns hier gerade in den vergangenen Jahren eine Infrastruktur aufgebaut, die wir – ohne Familie in der Nähe – nicht mehr missen wollten. Aber die Miet- und erst Recht die Kaufpreise hier entwickeln sich in eine Richtung, dass wir doch in Betracht ziehen mussten ggf ins Umland zu ziehen. Und dann platzte dieses Angebot in unsere Suche: Ein Haus mit Garten, mitten in unserem Stadtteil, bezahlbar. Für drei Jahre, während die Vermieter ins Ausland gehen.

Mit befristeten Stellen hatte ich ja schon Erfahrungen. Und letztlich endete eine in einer unbefristeten Anstellung. Warum also nicht auch mal befristet wohnen? Wir entschieden uns für unser Wohnexperiment. 3 Jahre Zeit, um herauszufinden, was für uns richtig ist. Sind wir Stadtmenschen oder doch lieber Leben auf dem Land? Mietwohnung oder Häuschen im Grünen?

Was soll ich sagen: Das Experiment zeigte schnelle Ergebnisse. Wir wollen nicht weg aus der Stadt. Freunde, Schule, Kita, kurze Wege, ohne Auto klar kommen, der Rhein, die Rheinauen, das Siebengebirge, alles sprach für Stadt. Mal eben in ein Café gehen können, in ein Kino, ein Museum, Ärzte, Geschäfte, Vereine der Kinder fußläufig erreichbar. Wir sind einfach Stadtmenschen. Und deswegen hatte ich diesen Post für Ende des Jahres fest eingeplant, um fürs nächste Jahr auf Wohnungssuche in unserer Stadt zu gehen und euch zu aktivieren. Tadadada.

Doch dann war da dieser Nachbar. Nein, keine Beschwerden, keine Meckerei (obwohl er regelmäßig Bälle bei sich einsammeln muss). Nur die Frage, er wüsste da was, von wegen frei werdender Wohnung inklusive Rasen zum Fußball spielen, kenne die Vermieterin seit ewigen Zeiten etc. pp.
Und dann ging alles ganz schnell: Ja. Ja. Ja. Übereinstimmung auf allen Seiten, mit der Lösung: Vorzeitiger Abbruch. Experiment geglückt. Wir ziehen um, mit unbefristetem Vertrag, nur ein paar Häuser weiter. Oder wie die Jungs neulich ihren Freunden erklärten: Nur ein bisschen weiter hüpfen.

Das ging jetzt alles ein bisschen schnell. Aber nach einem Monat haben sich mein Magen und langsam auch mein Unterbewusstsein daran gewöhnt, dass sich alles ganz schnell weiter dreht. Natürlich mit ein paar Unbekannten. Aber alles zu wissen, alle vorhersehen können, wäre ja auch langweilig. Hier ist es gerade alles andere als das. Planen, organisieren, koordinieren, informieren, recherchieren. Todo-Listen abarbeiten. Letzte Male abhaken. Wie die Versorgung der Mietkatze, von der wir uns nun wieder trennen müssen, denn sie gehört eben zum Haus, also zur anderen Familie. Neues heißt halt auch Abschiednehmen. Aber das wird noch einmal ein anderes Kapitel.

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