Opa lässt Pollen schneien

Das Thema trage ich seit April des vergangenen Jahres mit mir herum. Die Texte von Frl.Null.Zwo und @stadtneurotikr berührten dann Ende des Jahres genau diesen wunden Punkt, wie gehe ich mit dem Thema Tod und Kinder richtig um. So viel vorweg: Es gibt keine Pauschalantwort, es gibt schließlich auch nicht „das Kind“, sondern lauter verschiedene kleine Menschen. Ich hoffe nur, dass ich den für meine Kinder richtigen Weg gefunden habe.

„Wer bist du – und was schleichst du hinter mir her?“ „Schön, dass du mich endlich bemerkst“, sagte der Tod. „Ich bin der Tod.“ Die Ente erschrak. Das konnte man ihr nicht übel nehmen. „Und jetzt kommst du mich holen?“ „Ich bin schon in deiner Nähe, so lange du lebst – nur für den Fall.“ „Für den Fall?“ fragte die Ente. „Na, falls dir etwas zustößt. Ein schlimmer Schnupfen, ein Unfall, man weiß nie.“ (aus Wolf Erlbruch, Ente, Tod und Tulpe)

Der Anruf kam, als ich mit den Kindern bei ihrer Kita-Freundin im Garten saß. Ein schöner Frühlingstag, die Sonne kitzelte. „Er ist tot, Papa…“ Eingehangen. Es war mehr ein Schreien, die einzelnen Worte kaum zu verstehen. Aber die Panik in der Stimme meiner Mutter sagte alles. Als ich dem Großen sagte, Opa ginge es nicht gut, ich würde jetzt hinfahren und sie könnten noch hier spielen, bis Papa sie abholen würde, nahm er mich kurz in den Arm und sagte: Okay. Kein Theater, kein Ich-will-aber-mit wie sonst so oft. Nur ein intensiver Blick, eine Umarmung.

Als ich abends beschloss über Nacht bei meiner Mutter zu bleiben, telefonierte ich mit den Jungs. „Ist Opa tot? Wo ist er jetzt?“ Es war nur der Anfang von einer Vielzahl von Fragen. Fragen, die auch ein Jahr danach, immer noch auftauchen.

Wie spricht man mit Kindern über den Tod? Wie geht man vor und mit Kindern mit der eigenen Trauer um? Wie schwer dieses Thema ist, wie unterschiedlich Menschen reagieren, wie schnell es in diesen emotionsgeladenen Momenten zu tiefen Verletzungen kommt, wurde mir erst in diesen Tagen der Trauer bewusst. Die Frage, wie man mit Kindern und dem Thema Tod umgeht, überlagerte einiges. Denn für mich stand fest, dass meine Kinder zu mir, zur Familie und damit auch zur Beerdigung gehören – wenn sie dabei sein wollen. Was für eine Lawine ich damit lostrat, habe ich nicht im entferntesten geahnt.

„Tod ist kein Thema, über das man mit Kindern spricht.“
„Als Mutter musst du deine Kinder beschützen, nicht belasten.“
„Eine Beerdigung ist nichts für Kinder, nachher wird er wegen dieser Erfahrung Bettnässer.“
„Sprich nicht mehr als notwendig über den Opa, ermutige sie nicht auch noch, sich mit dem Thema beschäftigen zu müssen.“

Ratschläge dieser Art, von Menschen, die einem durchaus nahe standen, das hat mich getroffen, fassungslos gemacht. Aber es gab auch andere Stimmen. Die Oma erklärte, sie würde gerne jede Frage nach dem Opa beantworten. Der Pfarrer bekräftigte das Einbeziehen der Enkel, die Erzieherinnen der Kita bestärkten mich.

Schon drei Monate bevor mein Vater starb, war der Tod zwischen mir und meinem großen Sohn ein Thema. Völlig unerwartet starb die kleine Tochter einer Freundin. Als ich die Nachricht bekam, hat es mich umgehauen, ich bekam einen Moment lang kaum Luft, dann schossen mir die Tränen in die Augen. Und der Große sah mich weinen. Ich hätte es nicht verbergen, schönreden können. Und so sprachen wir erstmals über den Tod. Es war der Augenblick, in dem ihm klar wurde, dass jeder sterblich ist. Man muss nicht alt oder sehr krank sein. Auch er kann sterben. Oder sein Papa. Oder ich. Oder eben sein Opa. Wir sprachen darüber, dass Sterben zum Leben gehört. Das Trauern dazu gehört. Dass man Weinen, aber dennoch auch immer noch Lachen kann.

Als der Opa dann starb, hat er geweint. Und er hat gefragt, nach Geschichten vom Opa. Woran erinnere ich mich gerne, was hat Opa als Kind erlebt, wie hat er Oma kennengelernt. In diesen Tagen/Wochen wollte er nichts Vorgelesen bekommen. Ich sollte vom Opa erzählen. Vom Quatschmacher-Opa, der prima Reimen konnte. Vom König der Arschbomben, bei keinem spritzte das Wasser höher. Wir haben zusammen geweint und gelacht. Und ich glaube, in dieser Zeit hat er verstanden, was ich damit meinte, dass der Opa zwar tot, aber dennoch immer irgendwie bei uns, in unserem Herzen sei.

Für die Beerdigung bastelte er eine Kerze, mit einem Regenbogen und einer Taube darauf. In der Kita war gerade das Thema Arche Noah behandelt worden. Die Entscheidung, ob er bei der Beerdigung dabei sein wolle oder nicht, habe ich ihm überlassen. Wir haben darüber gesprochen, was eine Beerdigung ist. Wir haben gesagt, dass er mit allen die Beerdigung feiern könne oder dass wir am Wochenende darauf alleine zum Grab gehen könnten und er ganz normal zur Waldwoche in die Kita könnte. Er hat eine Nacht drüber geschlafen. Am nächsten Tag hat er gesagt: „Mama, du hast immer erzählt, dass Opas Lieblingsort der Wald ist. Ich möchte lieber in den Wald und dann später mit dir und Papa allein zum Grab.“

So haben wir es auch gemacht. Als wir uns am Tag der Beerdigung dann abends unterhielten, erzählte er ganz stolz: „Mama, als ich im Wald stand, da schneite es plötzlich Pollen auf uns herunter. Das war der Opa, der hat sie uns geschickt.“

P.S. Und wer glaubt, ein Dreijähriger wäre zu jung für dieses Thema, würde es nicht verstehen, der unterschätzt Kinder gewaltig. Auch der Kleine hat gefragt, wollte Geschichten vom Opa hören. Hat sich mit dem großen Bruder über den Opa unterhalten. Einen Monat nach dem Tod wurden in der Kita T-Shirts bemalt. Der Kleine malte sich, eine Sonne darüber – und eine Wolke. „Auf der sitzt der Opa, der ist immer bei mir.“

Fragt, so lange ihr fragen könnt

Es war ein Sommertag, Ferien. Ungefähr vor 30 Jahren. Ich verbrachte einige Tage bei meiner Tante und meinem Onkel in Linnich, einem kleinen Ort, Großraum Aachen. Sie wohnten in der gleichen Straße, in der meine Mutter aufgewachsen ist. In den 30er und 40er Jahren. In der Zeit des Nationalsozialismus.

An diesem Sommertag also wollten meine Freundin und ich spielen, auf diesem zugewucherten Grundstück in der kleinen Promenade. Es gab kein Schild, keinen Zaun. Aber der Ort hatte etwas Geheimnisvolles an sich. Es lagen vereinzelt noch Steine auf dem Boden, die an eine Grundmauer erinnerten. Gras und Grün überwucherten alles.

Abends dann erzählte ich, dass ich dort gespielt hatte. Meine Tante schaute mich nachdenklich an, ich muss so 9 oder 10 Jahre alt gewesen sein. „Geh dort bitte nicht zum Spielen hin. Es ist kein Spielplatz, sondern ein ehemaliges Gotteshaus.“

Ein Gotteshaus? Warum stand es nicht mehr? Was ist damit passiert, warum wurde es nicht wieder aufgebaut, warum gibt es kein Schild, warum, warum, warum…?

Mein Kopf war voller Fragen an diesem Abend. Und jede Antwort brachte eine neue hervor. Bis 1938 stand dort die Synagoge des kleinen Ortes. Am 9. November 1938 wurde sie in der „Reichspogromnacht“ niedergebrannt. Und die Familie meiner Mutter wohnte nur rund 50 Meter entfernt.

Wieder zuhause ging das Fragen weiter. Rund 30 jüdische Familien lebten in Linnich als meine Mutter klein war. Sie erzählte mir von ihrer besten Freundin Hannah, die 1938 mit ihrer Familie nach Amerika floh. Von dem Gegröle, den Flammen in der Novembernacht 1938. Und von den Nachbarn, Bekannten, die plötzlich nicht mehr da waren. „Natürlich haben wir das gemerkt, haben wir auch mitbekommen, wie sie abgeholt wurden. Aber es wurde gesagt, wir sollten nicht fragen,“ erinnerte sich meine Mutter.

Und wie war das in dem Ort nahe Düsseldorf, in dem ich aufgewachsen bin? Dann kam mein Vater dran, genau wie meine Mutter Jahrgang 1931. Fragen über Fragen. Er erinnerte sich noch genau an das weithin hörbare Geräusch, als das Klavier des jüdischen Musiklehrers aus dem Fenster geschmissen wurde. Meinem Großvater gelang es, den Sohn aus der Hitlerjugend herauszuhalten. Aber sonst? Widerstand oder Hinnehmen?

Meine Eltern haben meine Fragen immer beantwortet, auch wenn es manchmal nicht leicht war. Ich glaube, dass war ein Grundstein für mein Interesse an jüdischer Geschichte, an jüdischem Leben, am Miteinander von Christentum und Judentum. Und es war mit ein Grund, warum dies später ein Schwerpunkt meines Studiums wurde.

Ich habe seitdem mit vielen Zeitzeugen gesprochen, einige interviewt. Überlebende, die ihre Familien in Konzentrationslagern verloren haben, die als Kinder allein in fremde Länder geschickt wurden und über Jahrzehnte nach vielleicht noch lebenden Verwandten gesucht haben. Aber auch mit Zeitzeugen der Täterseite. Zeitzeugen, die den Nationalsozialismus als Kinder erlebten. Oder auch, die die Zeit als junge Erwachsene erlebten.

In einer Talkshow sah ich vor kurzem Michel Friedman, und er erzählte, wie ein Lehrer ihn einmal bat, ihm Kontakt zu einem Zeitzeugen des Holocausts zu vermitteln. Und Friedman sagte darauf wohl: Warum fragen Sie nicht ihren Vater?

Genau das ist es. Fragt Zeitzeugen, so lange es sie noch gibt. Hört, was die Überlebenden zu sagen haben. Aber fragt auch Großeltern, Eltern, Bekannte, die Teil des Deutschen Volkes waren, die zugesehen haben, es erlebt haben.

Lauter nette Bekannte – oder auch: Willkommen, lieber Winterblues

Der Große in der Schule, den Kleinen eben in die Kita gebracht. Hurra, mein freier Vormittag! Ich betrete das Haus, aber ja…

Die Verabredung mit Herrn Ichmuss, die hab ich ganz vergessen. Gemeinsam wollten wir die Küche aufräumen, Wäsche waschen, den Flur putzen, die Terrasse vom Restschlamm des Kindergeburtstages befreien und Termine beim Zahnarzt vereinbaren. Danach aber…

Ach, Frau Ichsollte kommt spontan zu Besuch. Papiere auf dem Schreibtisch sollten wir eigentlich sortieren, schon länger haben wir uns das Zusammensuchen der Unterlagen für die Steuererklärung vorgenommen.

Ich befürchte, ich muss der Kollegin Ichwollte absagen. Sport, ein Kaffee in Ruhe und vielleicht ein bisschen was lesen, also in meinem Buch. „Drache Kokosnuss“ und „Das wilde Pack“ nachher gelten bei Fräulein Ichwollte nicht.

Vor der Tür treffe ich Herrn Lassliegen. Normalerweise schickt mein Mann ihn vorbei, wenn er nicht selber nach dem Rechten sehen kann. Aber Herr Lassliegen ist schon verplant, Verabredung mit irgendjemand anderem. „Ich komm morgen mal vorbei“, ruft er noch. Mein „da bin ich im Büro“ hört er nicht mehr.

Gerade will ich mich wieder Frau Ichsollte zuwenden, da ruft meine Freundin Ichhabkeinelust an. Grauer Himmel, kalte Füße und keiner, der ihr einen warmen Kaffee bringt – ob ich nicht ein Rezept gegen den Winterblues hätte.

Menschen, das hilft, versichere ich ihr. Ich schicke Herrn Ichmuss, Frau Ichsollte und Fräulein Ichwollte zu ihr, Herr Lassliegen will nachher vielleicht auch noch bei ihr vorbeischauen.

Und ich? Ich koche mir einen Tee, kraule die Katze, mache laut Musik an und genieße jetzt einfach mal meinen Winterblues.

Meine sieben Sachen

Stöckchen spielen in meinem Leben mittlerweile eine Rolle, die ich ihnen vor sieben Jahren nicht zugetraut hätte. Seitdem ich Kinder habe, kann ich an keinem mehr vorbeigehen. Man kann sie schließlich für alles gebrauchen: als Angeln, Schwerter, Spazierstock, Anhängerkupplung. Im Gestrüpp vor unserem Haus lagert mittlerweile eine große Stockfamilie, denn in der Wohnung ist neben all den Steinen, Muscheln und anderen Fundsachen schon kaum noch Platz.

Vor einiger Zeit bin ich dann über eines gestolpert, dass mir zugeworfen wurde (ja, sowas kann ich, schon seit Schulsportzeiten: wenn was geflogen kommt, Augen zu. Und wenn es einem dann nicht ins Gesicht knallt, dann wenigstens drüber stolpern). Geworfen haben diesmal nicht die Söhne, sondern die liebe @nick_f95 . Das Stolpern war zugleich ein Schubs, die Idee mit der Wiederbelebung meines Blogdaseins voranzutreiben. Jetzt also endlich sieben Fakten über mich.

1 Schwäche, also eigentlich meine größte, ist wahrscheinlich die Ungeduld. Komischerweise war ich als Kind nicht ungeduldig, versichern mir alle. Aber will man mich heute quälen, dann lässt man mich warten. Auf einen Rückruf, eine Antwort, eine Nachricht. Manchmal werde ich von Freunden auch mit folgendem Witz beschrieben: Kommt eine Frau ins Geschäft und sagt: „Ich hätte gern ein Geduldspiel. Aber zack-zack.“ Allerdings muss ich auch sagen: Ich bin lernfähig. Und habe drei sehr gelassene Lehrmeister. Aber jetzt mal schnell weiter.

2 ist die Zahl, die mein Leben bisher am meisten umgekrempelt hat. Zweimal war ich plötzlich nicht mehr nur ich, sondern da wuchs noch jemand in mir. Das an sich fand ich schon irgendwie unbegreiflich. Als sie dann da waren, die zwei Söhne (mit zeitlichem Abstand), war es irgendwie noch unbegreiflicher. Richtige kleine Menschen (ja hallo, ich geh‘ gern ins Kino und ich hab Aliens gesehen), perfekt, mit langen Fingernägeln, festem Griff und schon von Beginn an mit ihrem ganz eigenen Charakter. Das hat mich nachhaltig beeindruckt. Und tut es heute jeden Tag noch. Man hört ja viel vorher, wie es sein kann, aber von so einem Abenteuer hat mir keiner was gesagt.

3 große Ozeane gibt es, alle habe ich schon mal gesehen, was ein bisschen etwas über meine Reiselust verrät. Aber Fakt ist einfach: will man mich wieder ins Gleichgewicht bringen, mich erden oder mich einfach mal ruhig stellen, dann setzt man mich am besten ans Meer. Es muss kein Ozean sein, ich liebe Ost- und Nordsee. Hauptsache es riecht nach Meer, nach Weite. Und es rauscht, so dass man nichts anderes mehr hört. Man kann Steine rein schmeißen oder sich nasse Füße holen. Funktioniert übrigens gegebenenfalls auch mit dem Rhein, da landet die Sehnsucht ja schließlich irgendwann ebenfalls im Meer. Aber über „in echt“ geht nix.

4 Leute braucht es in der Regel für meinen Lieblingssport. Der zugegebenermaßen in den vergangenen Jahren hinter den Kindern zurückstehen musste. Entdeckt habe ich ihn in der Schulzeit (Sportunterricht den i c h mochte!) und zwar auf dem Unterbacher See, was der @nick_f95 zumindest etwas sagen wird. Dort fand nämlich das Schulrudern statt, und als ich dann Blut Wasser geleckt hatte, auch das Vereinsrudern. Im Vierer. Als wir nach Bonn zogen, war ich oft am Rhein (siehe 3) und schaute sehnsuchtsvoll den Ruderern zu. Bis ich mich irgendwann anmeldete. Rudern auf dem Rhein ist eine ganz andere Herausforderung als auf einem See, und dann noch mit dem Panorama von Siebengebirge und Drachenfels einfach…wow.

5 Boroughs hat meine Lieblingsstadt. 13 Jahre ist es mittlerweile her, dass ich dort allein ankam und für ein Vierteljahr ein Praktikum bei einer deutsch-jüdischen Zeitung machte. Liebe auf den ersten Blick! Es war eine besondere Zeit, wenige Monate nach 9/11. In der Stadt waren kaum Touristen und die Menschen gingen freundlich auf jeden zu, der kam. Es war eine verwundete Stadt. Aber auch die lebendigste, die ich kennengelernt habe. Mit so vielen unterschiedlichen, spannenden Menschen. Und jedem, der dort die Zeit hat, kann ich nur empfehlen: schaut nicht nur auf Manhattan, schaut euch auch Queens, die Bronx, Staten Island und vor allem (meinherzschlägtfür) Brooklyn an.

6 Fahrstreifen hat die Story Bridge in Brisbane. Was sie aber für mich zu einer ganz besonderen Brücke macht, ist das, was man dort seit 2005 machen kann: Bridge-Climbing. Ein Spaziergang über die Brüstung, in 80 Meter Höhe. Denn Fakt ist: ich habe Höhenangst. Stellt mich auf irgendein Lochgittergerüst in 10 Meter Höhe und meine Beine können nicht mal mehr schlottern. Ich erstarre. Was sehr ungünstig sein kann, wenn man beispielsweise wieder runter möchte. Nun ja. Aber dank der Story Bridge weiß ich, ich kann das, wenn ich will. Mich in 80 Metern Höhe bewegen, mit etwas Stahl und einem Fluß unter mir (und einem Sicherungsseil). Ich kann mich überwinden, austricksen, ich bestimme über mich. Geiles Gefühl.

7 steht für den Monat, indem ich geboren bin. Im Sternzeichen Löwe. Das sagt doch eigentlich schon fast alles. Großes Ego, kann laut brüllen, gibt gern den Ton an, wenn man den Horoskopen glauben mag. Ich kann aber auch nett. Manchmal.

So, nun darf ich mal wild mit Stöckchen um mich schmeißen und wer mag, hebt einfach auf. So geht’s: Verlinkt Autor oder Blogger, der Euch nominiert hat, in Eurem Beitrag. Nennt sieben Fakten über Euch auf Eurem Blog (wer keinen hat, Insta oder TvitLonger geht auch), nominiert sieben weitere Schreibwillige und gebt die hier genannten Regeln weiter. Nun also viel Spaß:

@sarahemily_11
@fannyheather
@joelinhomuc
@missrhapsody
@mama_notes
@werdenundsein
@ktschk

Von Ängsten und vom stark Machen

Ein Kasten voller Sand, ein kleines Teesieb und unzählige kleine „Edelsteine“. Beim Tag der offen Tür von Abenteuer Lernen hätte ich unseren Großen dort den ganzen Tag abgeben können. Der Rabauke, der so gern tobt und Spaß an Experimenten hat, wollte nur noch nach Schätzen graben. Und an diesem Abend im Herbst verkündete er mir dann: „Mama, ich will einen Ägypten-Geburtstag. Mit Ausgrabungen und Toilettenpapier-Mumien-wickeln.“

Mittlerweile ist es Winter, der Geburtstag steht vor der Tür und für K1 ist immer noch klar, es soll eine Mottoparty ins Land der Pharaonen werden. Und um noch ein paar Ideen zu sammeln, verbanden wir das Planen mit einem Ferienausflug ins Ägyptische Museum der Universität Bonn. Mit der Straßen-/U-Bahn ging es also in die Innenstadt, wir kamen aus der Haltestelle und standen direkt vor der schönen Universität Bonn.

„Was ist eine Universität noch einmal, Mama?“ Ich erzähle vom Studieren nach der Schule, von verschiedenen Berufen, die man so erlernen kann, erzähle von meinem Studium. „Hier lernen also ganz viele?“ Ich habe mir bei der Frage nichts gedacht, sie bejaht. Aufgeregt, dachte ich, hielt er meine Hand.

Im Museum schaute er sich neugierig um, ließ sich die Erklärungen für Kinder vorlesen, saugte vieles auf wie ein Schwamm. Aber mir fiel auch seine Nervosität auf. Eine Gruppe Kinder, die an einem Workshop teilnahm, scherzte. Lautes Lachen im Raum. Der Große zuckte zusammen, beobachtete sie. Jaja, alles in Ordnung versicherte er.

Wieder draußen mussten wir auf dem Weg zur U-Bahn an ein paar Teenies vorbei, die übriggebliebene Knaller in Pfützen warfen. K1 klammerte sich an meiner Hand fest. In der U-Bahnstation tickte die SOS-Station kurz. „Was ist das?“ Ich sprach beruhigend auf ihn ein, versuchte alles zu erklären, ich dachte, zu viele Eindrücke. Wir nahmen die nächste Bahn zum Hauptbahnhof, stiegen dort um. Und schlagartig wurde er ruhiger, sicherer.

Am nächsten Tag, ganz beiläufig in einem ganz anderen Zusammenhang dann die Erklärung. „Klingt wie eine Bombe. Wir waren ja gestern auch in so einem Haus mit Bombe.“
Wir waren was und wo?
Mir sträubten sich alle Nackenhaare.

Rückblick: Anfang November kam der Große tränenüberströmt zu mir in die Küche. Im Streit mit seinem Bruder um eine CD hatte er aus Frust das Radio angeschaltet. Just in diesem Moment kam die Nachricht, in Nigeria sei in einer Schule eine Bombe explodiert, Schüler seien getötet worden, überall Blut.

Das hat ihn damals zutiefst erschüttert. Eine Schule, ein sicher geglaubter Ort. Warum mussten Schüler sterben? Es hat an jenem Abend lange gedauert, bis ich ihn beruhigen konnte. Und dann stehen wir knapp zwei Monate später vor einer Universität, einem Ort des Lernens, an dem viele zusammen treffen. Ein Zusammenhang, auf den ich so nie gekommen wäre. Viele Menschen, draußen knallt es, in der U-Bahn tickt es. Was muss er für eine Angst gehabt haben.

Angst ist nichts Fassbares, Logisches. Angst ist nichts Schlimmes, nichts, dass man verdrängen muss. Manchmal ist sie wichtig, macht sie einen doch vorsichtiger. Aber sie darf nicht lähmen. Ich möchte meine Kinder behüten, beschützen, bewahren. Aber ich möchte auch, dass sie die Welt neugierig und offen erkunden. Und da ist sie wieder, die Gratwanderung, die mich seit nun bald sieben Jahren beschäftigt: Das richtige Maß zwischen beschützen und los lassen.

Ich denke, ich kann nur eines für meine Kinder tun: Sie ernst nehmen und bestärken. In ihren Interessen, ihrer Neugier, ihrem Selbstbewusstsein. Sie stark machen. Sie in den Arm nehmen, sie laufen lassen. Der schwierigste Job, den ich je hatte. Und die größte Herausforderung.

Endlich Ferien! Endlich Alltag!

Es wurde echt Zeit. Das vergangene Jahr war anstrengend. Die ersten Monate der Neuorganisation, in denen wir alle uns auf den neuen Rhythmus, den nun der Schulalltag vorgibt, steckten uns in den Knochen. Und der Dezember mit all den besinnlichen Terminen vom Nikolaussingen über Weihnachtsfeiern in Büros, Kita und Schule kostete Kraft. Kurzum: Im Hause Rosa waren zu Beginn der Weihnachtsferien alle, wirklich alle, urlaubsreif.

Ruhe, viel Zeit mit- und füreinander, darauf habe ich mich echt gefreut. Aber jetzt ists auch gut. Hallo Alltag, schau doch mal wieder vorbei, ich würde mich riesig freuen, dich zu sehen.

Zum Beispiel, um mal wieder ganz in – ja, komme gleich, nein Playmobilpizza ist nicht zum Essen, spuck sie wieder aus – Ruhe einen Milchkaffee zu trinken.

Oder um entspannt zu – kann der Papa das nicht reparieren, Mist, jetzt ist der Stein in die Wanne gefallen, du musst deswegen nicht weinen, Lego trocknet wieder – duschen.

Vielleicht habe ich sogar mal wieder Zeit, einen Artikel in der – ja, du darfst die Bilder ausschneiden und dir eine eigene basteln. Nimm eine vom Altpapier, wo ist jetzt die von heute, nein, die wollte ich eigentlich noch kurz lesen durchblättern – Zeitung zu lesen.

Und dann, ja dann habe ich hoffentlich auch wieder Zeit und Muße, hier einen – wenn du dir einen Bruder wünscht, der dich nicht ärgert, sag es vielleicht lieber deinem Bruder, das Christkind kommt erst in knapp einem Jahr wieder. Bitte? Wo der Zauberstab ist, warum? Ich weiß nicht wie der Zauberspruch geht, damit Brüder einen nicht bewünschen – was wollte ich gleich nochmal? Ach ja, Zeit und Muße, um hier einen Blogbeitrag zu schreiben.

Aber es gibt Hoffnung. Morgen sind die Kitaferien vorbei, am Mittwoch die Schulferien. Dann gehe ich wieder die halbe Woche arbeiten. Wir bereiten den 7. Geburtstag des Großen vor. Und die Karnevalsvorbereitungen beginnen. Ganz normaler Alltag eben. Mit Ruhepausen. Und kurzen Momenten nur mit mir.

2015

Da ist es jetzt also. Hallo. Ich hab dich schon erwartet. Nein, keine Sorgen, große Erwartungen habe ich eigentlich nicht. Ich will dich ja nicht gleich zu Beginn unseres Kennenlernens vergraulen. Ich freu mich einfach, dass du da bist.

Dein Vorgänger war, tja nennen wir es diplomatisch, ein bisschen turbulent. Geprägt vom Wort Abschied. Traurige, kräftezehrende Abschiede von lieben Menschen. Aufregende Abschiede, vom alten Job, hin zu einem neuen herausfordernden Job in einer anderen Stadt. Spannend-schöne Abschiede von Lebensabschnitten, vom Kita-Kind, das jetzt ein Schulkind ist. Und all diese Abschiede hatten doch eins gemeinsam: wir haben los gelassen und dafür, auch wenn man es manchmal nicht glauben mag, Neues entdeckt. Menschen gefunden, die uns Kraft und Trost geschenkt haben, eigene Fähigkeiten neu- oder wiederentdeckt, ganz neue Dinge gelernt. Und deswegen erwarte ich dich, 2015, auch so freudig und durchaus optimistisch.

2015. Das Jahr, das zum zweiten Mal zurück in die Zukunft führte. Ich fand den Film damals toll. Als 16-Jährige. Und 2015 war ungefähr soweit weg wie der Mond. Mindestens. Fliegende Autos und Hoverboards, warum nicht. Bei 20.15 fiel mir aber noch etwas ein. Meine gesamte Jugend über war das eine feste Zeit, ein Rahmen. Um 20 Uhr Tagesschau, und wenn einen Film schauen, dann um 20.15 Uhr. Das hatte sich mit dem Zeitpunkt des Kinderkriegens erledigt, die hielten sich mit ihren Schlafzeiten nie an irgendwelche Rahmen. Um 20.15 Uhr Fernsehen, dass ist für meine Kinder wahrscheinlich sowas wie früher für uns Restbestände von schwarz-weiß Fernsehern. Fernsehen zu einer festen Zeit? Hier wird auf Festplatte aufgenommen und geschaut, wie es in den Tag passt. Werbung gibt’s da nicht. Nur zu Besuch bei Oma, wenn man da Fernsehen darf, dann Staunen sie: bei Oma gibt’s Reklame. Ungefähr so wie ich es als 8-jährige empfand, wenn ich Heiligabend immer auf dem Notebook-großen schwarz-weiß Fernseher des Bruders was schauen durfte (den man per Hand mit einer Haarnadel umschalten musste, nachdem ich mal den Riegel abgebrochen hatte), weil Zeit überbrücken eben nur außerhalb des Wohnzimmers erlaubt war.

Was ich mit all diesen Abschweifungen sagen will: die Zeit läuft weiter. Es geht immer weiter, manchmal fliegt sie sogar. Und ich bin gespannt, was das neue Jahr mir/ uns Neues, Wiederentdecktes, Rasantes, Trauriges, Herzergreifendes, Schönes bringt.

Ach ja, eine Neuigkeit des Jahres sei hiermit schon verraten. Nachdem Rosa Dank ihres lieben Gatten zurück zum Twittern gefunden hat, wird sie jetzt wieder bloggen. Mal schauen, was 2015 für Themen bereithält.

In diesem Sinne also: Hallo. Das Jahr und ich, wir sind jetzt da.