Fantastisch

Wir haben diese Woche den Zahn eines Säbelzahntigers gefunden. Also, weniger ich, vielmehr der jüngste Sohn. Ich hätte es ja einfach für ein dreieckiges Stück Holz gehalten, aber der Sohn hat gleich auf den ersten Blick erkannt, was es ist. Ein Säbelzahntigerzahn. Lag einfach so am Ende der Straße.

Naja, das ist so auch nicht richtig. Es hatte wahrscheinlich einen guten Grund, dass er eben dort lag. Denn nur eine Straßenkreuzung und wenige Schritte weiter ist eine Tierarztpraxis. Und höchstwahrscheinlich quälte ein heftiger Zahnschmerz den Säbelzahntiger und er war auf dem Weg zum Tierarzt. Als er also auf dem Weg dorthin vor lauter Schmerz in den Baum am Straßenrand beißen wollte, fiel der Zahn aus. So lag er dann vor unseren Füßen. Und der jüngste Sohn war von den zahlreichen Fußgängern der erste, der den besonderen Wert des Stückes erkannte.

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Ein Schloss für mich, ein auftauendes Urzeitmonster am Strand, Frühstücksgesicht, neueste Mode und die Gummibärchenstraße.

So geht das hier ständig. Kein Tag, an dem die Jungs nicht irgendwas entdecken, erforschen, erfinden.

Mir war zum Beispiel nie bewusst, dass wir von allen Seiten beobachtet werden. Nein, ich meine jetzt keine Videoüberwachung. Aber wenn man sich genau umschaut, oder von Kindern darauf hingewiesen wird, dann sieht man sie überall. Die Gesichter, die einen anschauen. In dem Lautsprecher im Schaufenster, auf dem Joghurtdeckel, im Kakao.

Überhaupt gibt es so viel zu entdecken, wenn man die Augen geöffnet bekommt. Auf unserem Weg zur Kita müssen wir zum Beispiel immer über die Gummibärchenstraße. Ich kann gar nichts anderes mehr in den Steinen sehen. Wusstet ihr, wie viele Steine eine weiße Schnittstelle haben? Wenn man die alle aneinanderlegt, sieht man, die gehören irgendwie zusammen. Und wer denkt, eine leere Klopapierrolle sei nur ein Stück Pappe…dem fehlt einfach Fantasie. Oder Kinder mit eben dieser. Denn eine Klopapierrolle, dass kann eine Murmelbahn sein, ein Fernrohr. Oder gar ein Schloss für Mama.

Ich finde es großartig. Im wahrsten Sinne des Wortes fantastisch. Es macht so viel Spaß, die Welt mit Fantasie zu entdecken, sie sich bunt zu reden, Abenteuer zu bestehen. Manchmal liegen wir abends im Bett, und statt etwas vorzulesen, erfinden wir Geschichten. Von kleinen Gnomen, wilden Tieren, mutigen Kindern. „Ich will gar nicht erwachsen werden“, sagt der Jüngste dann manchmal.

Musst du auch gar nicht, kleiner Fantast. Manchmal geht mir euer Groß werden eh viel zu schnell. Und dann irgendwann setzt diese Vernunft ein, die alles zu erklären versucht. Und einen im schlimmsten Fall blind macht für das Lustige, Schöne, Bunte.

Muss sie aber gar nicht. Ich wünsche mir für euch, meine beiden Fantasievögel, dass ihr immer ein bisschen kindisch, verspielt, verrückt bleibt. Und eure Fantasie nicht verliert Und dass ihr mir immer wieder helft, meine wach zu kitzeln, wenn sie einzuschlafen droht.

Und jetzt entschuldigt mich bitte, ich muss raus in den Regen. Schauen, wie er die olympischen Ringe in die Pfützen tropft…

Ich stehe fest hinter euch

Als meine 14-jährige Nichte mich fragte, ob ich ihre Firmpatin werden könnte, habe ich nicht lange gezögert. Klar doch, gerne. Und so stand ich nun vorne in der Kirche hinter ihr, legte ihr – während sie vom Bischof den Segen erhielt – die Hand auf die Schulter.

Einer jungen Frau, die die Welt neugierig entdecken will, die wissen will, was früher war, um sich dann der Zukunft zuzuwenden, die Pläne schmiedet, etwas von der Welt sehen will. Wann ist eigentlich aus dem kleinen Mädchen, dass sich anfangs nicht von mir babysitten lassen wollte, weil es vor Menschen mit dunklen Haaren Angst hatte, das als Zweijährige in einer unbeobachteten Sekunde wagemutig auf den höchsten Turm im Kletterparadies gekrabbelt ist und mir arges Herzklopfen bereitet hat, das mit meinen Jungs im Schwimmbad immer um die Wette rutscht, wann ist aus ihr auch diese junge Frau geworden?

Und dann sehe ich neben mir meinen „Großen“ sitzen, der doch eigentlich noch klein ist. Gebannt und ganz ruhig folgt er, der so viel Bewegung braucht und gerne laut und wild ist, der Messe. In wenigen Wochen hat er das erste Schuljahr hinter sich und in diesem einen Jahr auch einen enormen Sprung gemacht: Lesen, Schreiben und Rechnen (das ist ja Pipi-einfach) gelernt, ja. Aber er ist auch ein richtiges Schulkind geworden. Er ist so selbstständig, kommt nach der Schule nach Hause nur um kurz darauf wieder mit seinen Freunden zu verschwinden. „Ich bin doch kein Baby mehr“, ist sein derzeit meistgebrauchter Satz, denn ja – er kann vieles allein und das ist sehr gut und schön so. Und dennoch, wenn er dann bei seinem Freund mal übernachtet hat, dann braucht er am Tag drauf eine doppelte Kuscheleinheit.

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Dann schaue ich auf meinen „Kleinen“. Der eigentlich gar nicht mehr so klein ist. Im Kindergarten ist er jetzt ein „Mittelkind“, er weiß, wo es lang geht. Und er weiß, was er will und wie er es am ehesten bekommt. Er bringt die trockensten Sprüche und ist doch gerade mittendrin in diesem „magischen Alter“, denkt sich wunderbare Geschichten und Figuren aus, kann an keiner Pusteblume vorbeigehen, ohne nicht die kleinen Fallschirme in die Luft zu pusten. Ohne Gute-Nacht-Kuss kann er auf keinen Fall einschlafen, weil er befürchtet, dass sonst auch die Mama nicht gut schlafen kann – „aber den Kuss bitte nur auf die Haare“.

Das ist Glück, denke ich oft, wenn ich auf meine beiden Jungs schaue. Natürlich gibt es Tage, da stellen sie alles auf den Kopf, bringen mich an meine Grenzen. Aber ich lerne auch so wahnsinnig viel von ihnen. Sie sind nicht nachtragend. Sorgen werden geteilt, und dann sind sie weg. Sie schauen genau hin, nehmen sich Zeit, wenn wir Erwachsene vorbeihasten würden. Und sie hinterfragen, was man sagt.

Es erfüllt mich mit großer Zufriedenheit, wenn die beiden, oder besser noch, wir zusammen eine schöne Zeit haben. Wenn sie klettern, lachen, tanzen, toben, sich gegenseitig auskitzeln und füreinander einstehen.

Dann wünsche ich ich mir oft, die Zeit anhalten zu können. Da das nicht geht, hoffe ich zumindest, dass dies Momente sind, die ihre Zukunft prägen. Dass sie glücklich und zufrieden mit sich und ihrem Leben sind. Das sie Träume und Ziele haben und danach streben, sie zu verwirklichen und darin ihr Glück zu finden. Dass sie auch vermeintliche Schwächen als etwas Positives erkennen, dass sie nicht Druck auf sich ausüben, ‚perfekt‘ oder wie die anderen sein zu müssen. Dass sie sich, so wie sie sind, akzeptieren und von anderen angenommen werden. In einer Gesellschaft, die ihnen möglichst so offen entgegentritt wie die Kinder ihr.

Genießt die schönen Momente, speichert sie tief in euch, tankt daraus Kraft für schwierige Tage, möchte ich ihnen zurufen. Bewahrt euren Blick auf das Besondere, Schöne, Lustige, das möchte ich meinen Kindern mitgeben auf ihrem Weg.

„Drücken Sie ruhig ein bisschen fest auf die Schulter der Firmlinge, sie sollen merken, dass Sie hinter ihnen stehen“, merkte der Bischof vor der Firmung noch an. Ja, ich stehe fest hinter meinen Kindern, als Mutter, als Patin. Ich bin für euch da, auch wenn ihr irgendwann eigene Wege geht. Das ist etwas, dass ich ihnen unbedingt mitgeben will.

Heute ist Weltkindertag. Anne von Top-Elternblogs hat in ihrer Blogparade danach gefragt, welche Zukunft wir unseren Kindern wünschen, was Glück ist und welchen Rat wir ihnen mitgeben würden. Dabei habe ich gerne mitgemacht.