Danke und Tschüss

Das Glas ist voll. Nicht halbvoll, sondern bis obenhin. Die Kinder haben den Anfang gemacht. Jetzt, wo beide schreiben können, füllten sich ihre Zettel mit Erinnerungen rasch. Und eben auch das Glas. Und dann kamen doch auch noch viele schöne Momente vom Ehemann und mir hinzu. Das war es also, 2017.

Was habe ich mich heute vor einem Jahr darauf gefreut, auf Überraschungen und Pläne , die 2017 für uns bereit halten würde. Wir haben viel Schönes erlebt, aber eben auch Unvorhersehbares. Eine Achterbahnfahrt der Gefühle, einmal das volle Spektrum bitte. Unbedingt mit Looping, der Kopf und Magen umdreht.

Achterbahn ist ein gutes Stichwort, denn so startete unser Jahr im wahrsten Sinne des Wortes. Wir lösten ein Weihnachtsgeschenk ein und besuchten im Winter einen Freizeitpark. Die Jungs haben somit erstmals die Welt der Wasser- und Achterbahnen für sich entdeckt. Und ich, dass ich alt werde und längst nicht mehr in jedes dieser Geräte einsteigen kann.

Ein großes Fest wollten wir feiern, nur für den Großen. Der wuchs in dieser Zeit enorm, traute sich plötzlich Dinge zu, die er vorher für abwegig hielt, trat vor vielen Menschen sicher und souverän auf und freute sich riesig über einen festlich geschmückten Saal, seine Gäste und endlich, ganz ohne heiraten zu müssen, eine Doppeldecker-Torte.

Ein Wochenende nur mit dem Ehemann hat nicht geklappt, aber zum 12. Hochzeitstag ging es zum Open Air Konzert von Depeche Mode. Sonne, Musik, Tanzen. So etwas klingt länger nach. Die Jungs erlebten auch ihr erstes, „großes“ Konzert: Deine Freunde im Kölner Tanzbrunnen.  Tja, so fixt man Kinder an, würde ich sagen.

In den Sommerferien zogen dann, trotz bestem Wetter, dunkle Wolken auf. Am Morgen meines 44. Geburtstags rief meine Mutter an und gratulierte von dort, wo sie eben vor 44 Jahren auch gewesen war – im Krankenhaus. „Nur damals aus einem erfreulichen Grund“, sagte sie noch, ohne die Diagnose zu kennen. Die Worte Krebs, fortgeschritten, inoperabel hörten wir erst am Nachmittag dieses Julitages. Dann ging alles wahnsinnig schnell. Operationen, der Verlust von Kraft. Das Schwinden des Lebenswillens .  Auf einem Glücksmoment-Zettel der Jungs steht „letztes Eis mit Oma“, diese Erinnerung bleibt. Und ich bin dankbar, Zeit zum Begleiten und Abschied nehmen gehabt zu haben. 

Aber das Leben geht einfach weiter. Manchmal schwer zu verstehen. Und doch gut so. Zehn Tage nach der Beerdigung feierten wir Einschulung. Der Kleine ist nicht mehr klein, sondern ein Schulkind. Und wenn nicht das frühe Aufstehen wäre, dann wäre er uneingeschränkt begeistert, denn er saugt alles auf wie ein Schwamm. Er entdeckt, was ihm Spaß macht, misst sich ein bisschen weniger mit dem Bruder, entdeckt, was er kann.

Ach ja, da war vor einem Jahr noch der Wunsch, das Meer zu sehen. Hat nicht geklappt. Dafür habe ich entdeckt, wie schön ich Berge (also noch nicht ganz hohe, aber immerhin) und das Wandern finde. Überhaupt bin ich dieses Jahr wieder gelaufen und habe festgestellt: Ab einem gewissen Punkt hört das Denken auf. Es gibt ihn wirklich, den Aus-Schalter für das Kopfkarussel. Da gilt es dran zu bleiben.

Dann war auch schon fast Weihnachten. Ein anderes, als ich es aus meiner Kindheit und Jugend kenne. In der manchmal mehr als 20 Menschen um lange Tische saßen, meine Mutter für alle kochte – ein „Schweinehuhn“ beispielsweise, wie mein damals kleiner Neffe die große Pute nannte. Dieses Jahr war es leise, im kleinen Kreis. Mit viel Zeit für Gesellschaftsspiele. Und Bücher. Anders, aber schön anders.

Das Jahr hielt neue Menschen bereit,  mit denen ich zusammen gearbeitet, gelacht, geredet habe. Und alte Kontakte, die wieder aufflammten. Und es zeigte mir, dass ich Menschen habe, die mich auffangen, mir Kraft geben, zuhören, mich ermutigen. Dafür bin ich dankbar. 
Und wenn ich 2017 so resümiere,  dann lässt es sich tatsächlich in dem einem Wort zusammenfassen. Dankbarkeit. Für das, was war, was ist, was vielleicht kommen mag. 

So gehe ich ins neue Jahr. Neugierig,  was 2018 mir und uns als Familie bringt. Auch wenn ich diesmal viel weniger Pläne habe, mehr ins Ungewisse schaue und einfach mal abwarte, was passiert.

Wird’s besser? Wird’s schlimmer? fragt man alljährlich. Seien wir ehrlich. Leben ist immer lebensgefährlich. 

Erich Kästner 

Kommt gut ins neue Jahr und macht das Beste daraus,
eure Rosa