Seit dem 1. Juni ist der öffentliche Betrieb von Paternostern erst einmal aus Sicherheitsgründen verboten. Ja ja, so eine Fahrt im Personen-Umlaufaufzug kann gefährlich sein. Gar das ganze Leben auf den Kopf stellen. (Allerdings das nur im übertragenen Sinn, denn nein, man steht nicht auf dem Kopf, wenn man einmal rum fährt.)
Also, es beruht auf einer wahren Geschichte: Genau heute vor zehn Jahren betrat eine junge Frau das alte Rathaus in Wuppertal-Elberfeld. Ein kleiner Schritt für mich, dachte sie noch, und stieg in den Paternoster. Vor selbigem wartete in einer anderen Etage ein ebenfalls junger Mann, und schaute, wer denn da so alles vorbeifuhr und wartete auf sie. Auch er tat nur einen kleinen Schritt, dachte er. Und seitdem fahren die beiden, nachdem sie beim Standesamt kurz ausgestiegen waren, gemeinsam Paternoster. Seit heute nun eben schon 3652 Tage lang.
Es geht mal auf, mal ab. In der Kabine ist es etwas enger geworden, seitdem zwei kleine Mitfahrer dazugekommen sind. In den Kabinen um sie herum sind manche Menschen ausgestiegen, dafür andere dazu gekommen. Manchmal stockt der Paternoster, dann müssen entweder er oder sie mal ein bisschen rucken. Oder kräftig aufstampfen. Aber man kennt die Macken eines solchen Apparates nach 120 Monaten schon ganz gut. Meist fährt er auch wie geschmiert, und droht einer herauszufallen – so der beim Standesamt unterschriebene Deal – muss der andere ihn auffangen. Das klappt bislang sehr gut. Denn ich glaube, die beiden fahren sehr gern Paternoster. Manche halten dieses Fortbewegungsmittel für altbacken, manchen ist es suspekt oder zu langsam. Für die beiden scheint es genau die richtige Geschwindigkeit zu haben. Mal auf und mal ab. Und ich hoffe, die beiden fahren noch lange so weiter.
Ach ja, und da das eine ganz persönliche Paternoster-Kabine ist, hat das Pärchen vor zehn Jahren sein ganz persönliches Eheversprechen hier an die imaginäre Wand gepinselt:
Das muss ich hinterfragen,
sagt der Kopf
Ich glaube, sagt die LiebeDas kann ich nicht so stehenlassen,
sagt der Kopf
Ich vertraue, sagt die LiebeDas wird mich Kopf und Kragen kosten,
sagt der Kopf
Ich liebe, sagt die LiebeUnd wenn alle so dächten wie du?
fragt der Kopf
Komm, sagt die LiebeIch weiß gar nicht mehr, wo mir der Kopf steht,
klagt der Kopf
Am Arsch, sagt die Liebe
(Robert Gernhardt, Verdrehter Kopf)